Freitag, 11. April 2014

Buchbesprechung: "Burgund - Krawattes Fälle"

Friedrichshafen - Der neue Bodenseekrimi "Burgund - Krawattes Fälle" des Autorenduos Jean Oumard und Thomas Schlichte spannt den Bogen von Börsenmanipulationen in Frankfurt am Main bis zum Mord an einer älteren Dame in der beschaulichen Zeppelinstadt Friedrichshafen. 


Hauptkommissar Lorentz alias „Krawatte“ ermittelt in der schwäbischen Provinz in alle Richtungen. Tatkräftige Unterstützung erfährt er durch sein Freundesquintett, die „Spitze der intellektuellen und kulinarischen Elite“. Der bunt zusammengewürfelte Honoratiorenkreis trifft sich freitags in der örtlichen Gaststätte bei Paul. Hier genießt man die gute Küche sowie den titelgebenden französischen Rotwein. Mit von der Partie sind der Anwalt Karsten, der Flaneur Max sowie der „Reing’schmeckte“ Werner, ambitionierter Jungredakteur bei der lokalen Zeitung. Von diesem Stammtisch aus nehmen die Ermittlungen ihren rasanten Lauf.

Die Autoren thematisieren die kriminelle Energie geldgieriger, skrupelloser Banker und IT-Spezialisten, welche die eigene Gier auf Kosten anderer Gieriger auf den internationalen Finanzmärkten befriedigen. Teils liebevoll mit Lokalkolorit, teils sozialkritisch, bündelt das Autorenduo seinen Blick wie unter einem Brennglas und zeigt den Mikrokosmos einer nur scheinbar heilen Welt. Im Schwäbischen gehen die Uhren bekanntermaßen etwas langsamer: Auf den Fluren der Polizeidienststelle wie auch in der Redaktion der örtlichen Presse bleibt in jeder noch so brenzligen Situation ausreichend Zeit für einen Automatenkaffee oder die obligatorische Butterbrezel.

Hauptkommissar „Krawatte“, mit seiner Vorliebe zum schräg-schrillen Accessoire, bewog vor seiner Versetzung eine nicht verarbeitete Trennung von seiner Frau zu einem Ortswechsel an den Bodensee. Kurz vor dem existentiellen Totalabsturz findet der Gesetzhüter - eher unprofessionell - professionelle Hilfe und amouröse Stütze bei seiner Psychotherapeutin, der lebenslustigen Saskia mit ihrem feuerroten Haar. Das Mordopfer, eine wohlsituierte Witwe, welche die schwäbische Kehrwoche verinnerlicht hat, engagiert sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich bei der „Tafel“, einer Hilfsorganisation, die sozial Bedürftige mit kostenlosen Lebensmitteln versorgt.

Nicht nur hier zeigen Oumard und Schlichte die Parallelwelt in einer bürgerlich wohlhabenden Industriestadt. Auch die Figur des „Home-Frost-Service“-Mannes, der als Vater mit Unterhaltsverpflichtungen in einer „Schein“-Selbstständigkeit finanziell kaum über die Runden kommt, ist geleitet von der Aussicht auf einfach verdientes Geld, lässt sich blenden und gerät ins Straucheln…

Hier schließt sich der Kreis des Bodenseekrimis, der mit dem Eingangszitat des Börsenexperten André Kostolany beginnt: „Entscheidungen über Geld trifft man, indem man die Zeitungen zwischen den Zeilen liest.“ Im Falle des Burgund-Krimis möchte man dem Ende einen weiteren Spruch des Börsengurus hinzufügen: „Wenn alle Spieler auf eine angeblich todsichere Sache spekulieren, geht es fast immer schief.“ Der Leser darf sich auf einen spannenden und unterhaltsam geschriebenen Krimi freuen, der thematisch auf der Höhe der Zeit ist – und nach Fortsetzung verlangt.

(Text: Gabriele Stöhr)

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