Friedrichshafen - Er hat mit und bei "seinen Bayern" in verschiedensten Funktionen alles erlebt und ist bis heute regelmäßig beim FC Bayern München in der Allianz Arena zu Gast: Werner Kern (Foto: Günter Kram). Im Gespräch mit Thomas Schlichte am Rande des 12. MTU-Hallencups in Friedrichshafen erzählt der langjährige Jugendkoordinator des FC Bayern, was er heutzutage so macht.
Herr Kern, schön Sie kennenlernen zu dürfen. Sind sie zum ersten Mal hier in Friedrichshafen?
Ja, bin ich - es war eigentlich immer etwas anderes geboten in meiner aktiven Zeit. Klaus Segelbacher (Organisator des Cups, Anmerkung der Redaktion) hat mich all die Jahre immer wieder eingeladen. Seit ich nun jedoch in Rente bin, hat es endlich einmal geklappt.
Sie wollten im Ruhestand beispielsweise Spanisch lernen. Wie weit sind Sie denn damit?
Ich muss zugeben, dass das leider etwas zu kurz gekommen ist - aber dafür habe ich umso mehr Zeit mit der Familie und meiner Frau verbracht. Dennoch war ich viel unterwegs, vor allem auch im Ausland.
Aber doch sicherlich nicht als Urlauber?
Nein (schnumzelt). Ich gebe Vorträge und Seminare, war im vergangenen Jahr in San Francisco und vor Kurzem erst in Edinburgh. Zudem habe ich für die Allianz ein Fußball-Camp auf Bali organisiert. Ich wollte diese Projekte auch angehen, damit ich im Kopf frisch bleibe und nicht ganz einroste.
Was machen Sie mit Ihren 68 Jahren abseits des Fußballs am liebsten?
Nun, ich lese sehr viel, mache aber dennoch regelmäßig Sport und bin beispielsweise gerne in den Bergen unterwegs. Nebenbei bin ich mit dem Mountainbike unterwegs und gehe mit meiner Frau zum Walking. Aber - und das ist klar - ich gehe natürlich, wann immer es geht, zu den Montagskickern der Bayern.
Stichwort FC Bayern: Sie waren lange Jahre bei den "Roten" Co-Trainer und von 1998 bis 2012 Jugendkoordinator. Wie schwer war es denn für Sie, loszulassen?
Das war gar nicht so schwer. Ich wollte da nicht irgendwo als Gespenst ständig umhergeistern und den Weg für einen Nachfolger mitsamt dessen Team schnellstmöglich freimachen (Wolfgang Dremmler, Anmerkung der Redaktion). Jeder muss da seinen eigenen Weg gehen.
Darf man Sie also nach Ihrer aktiven Laufbahn als Bayern-Fan bezeichnen?
Ja, sicher. Es ist schön, bei den Heimspielen immer mit dabei zu sein. Gegen Leverkusen saß ich neben Thorsten Fink und ja - wir haben uns nach dem Tor durch Ribéry richtig gefreut. Es macht Spaß, diese Mannschaft spielen zu sehen. Wir haben bis zum Schluss gezittert, ob es bei dem 1:0 für den FC Bayern bleibt. Ich bin gespannt, wo der aktuelle Weg noch hinführt.
Das heißt, Sie trauen ihrem Verein in der Champions League den Pokaltriumph zu?
Mit Sicherheit. Wissen Sie, ich war schon immer ein "Roter", bin seit über 40 Jahren Mitglied und habe die Nummer 975. Damals waren die meisten Münchner ja eher für "Sechzig". Ich war auf der Jahreshauptversammlung und bin gespannt, wie es an der "Säbener" weitergeht. Und: Für mich ist es das beste Team, das wir hier beim FC Bayern München jemals hatten.
Auch wirtschaftlich läuft es klasse. Die Arena ist jetzt abbezahlt...
Schauen Sie: Die wirtschaftliche Grundlage basiert auf dem sportlichen Erfolg. Und da hat der FC Bayern - allen voran Uli Hoeneß - seit 1979 Unglaubliches geleistet. Für mich ist es ein ganz entscheidender Faktor, dass der Verein viele Ehemalige in wichtigen Positionen um sich geschart hat. Es ist ein Genuss, ein Fan dieses Klubs zu sein. Doch auch ich rege mich mal daheim vor dem Fernseher oder im Stadion auf.
Gibt es einen Spieler, den Sie gerne noch im roten Trikot sehen würden?
Nein, nicht wirklich. Der aktuelle Kader ist sehr stark. Erst recht, wenn wichtige Stützen wie beispielsweise Lahm, Alaba oder Thiago Alcantara zurückkommen. Für mich ist übrigens Pierre Emile Højbjerg
der nächste junge Mann, der es zu einem Stammspieler bringen kann.
Aber dafür müsste der dänische Nationalspieler doch regelmäßiger spielen?
Dass das nicht so ist, liegt eindeutig an der Klasse des Kaders. Es gab schon andere Beispiele, wie David Alaba, Philipp Lahm oder früher ein Markus Babbel, die bei einem anderen Klub Spielpraxis bekamen und sich dadurch weiterentwickelt und verbessert haben. Dann kamen sie wieder nach München zurück und waren beziehungsweise wurden feste Stützen im Team.
Doch kaufen und verkaufen ist nicht alles. Selbst dann, wenn man die Möglichkeiten hat?
Absolut richtig. Wichtiger ist aus meiner Sicht, dass man die Leute bei Laune hält und ihnen zeigt, dass sie gebraucht werden - erst recht, wenn sich einer aus der ersten Reihe verletzt hat oder gesperrt ist. Bei der großen Belastung aus Bundesliga, Pokal, europäischem Wettbewerb und den Nationalmannschaften brauchst du einfach 24 gestandene und drei junge Leute. Diesen Spagat bekommt der FC Bayern eben sehr gut hin. Da kann man sagen, was man will.
Zur Person:
Werner Kern ist 68 Jahre alt, verheirateter Familienvater und lebt mit seiner Familie in München. Nach seiner aktiven Zeit als Co-Trainer und Jugendkoordinator beim FC Bayern München sowie als Trainer bei Wormatia Worms, dem 1. FC Nürnberg, Eintracht Trier und dem SSV Ulm 1846 ging er 2012 in den Ruhestand, ist allerdings nach wie vor ein gefragter Gesprächspartner und Vortragsredner, der heute Fußball-Seminare auf der ganzen Welt leitet.